Viktor Giacobbo

Das bekannteste Comedy-Duo des Landes ist eine der Hauptattraktionen der Jubiläumstournee des Zirkus Knie

Ein Feuerwehrmann auf einem roten Gabelstapler und zwei Stadtpolizisten stellen wassergefüllte Kunststoff-Kuben zum Schutz gegen allfällige Amokfahrer auf die Sonnenstrasse. Das Chapiteau steht bereits in seiner ganzen rot-weiss-blauen Pracht da, und ein paar Arbeiter richten die Manege für die erste abendliche Vorstellung her: Der Zirkus Knie ist an diesem sonnigen Dienstag zu seinem neuntägigen Gastspiel auf dem Spelteriniplatz in St. Gallen eingetroffen.

Auch Viktor Giacobbo und Mike Müller, die Gastkünstler aus der nationalen Comedy-Szene und langjährigen Quotenstars des Schweizer Fernsehens, sind schon da. Heuer feiert die Familie Knie das 100-Jahr-Jubiläum ihres offiziell eingetragenen Schweizer Nationalzirkus, und für ein solches Jubiläum sind schliesslich nur die Besten und Bekanntesten gut genug.

Lob auf beiden Seiten
Dass die beiden Politkabarettisten und Schauspieler nach dem Ende ihrer Satire-Serie «Giacobbo/Müller» eine Saison mit dem Zirkus Knie auf Tournee gehen und dabei jeweils in den Abendvorstellungen auftreten würden, habe schon länger festgestanden, erzählt Fredy Knie jun. Der Zirkusdirektor ist seit 2006 mit Giacobbo befreundet. Damals reiste der Winterthurer Bühnen-Allrounder ein erstes Mal mit dem Zirkus Knie durch die Deutschschweiz.

Weil Viktor Giacobbo und Mike Müller ihre TV-Sendung rechtzeitig vor dem 100. Geburtstag des Schweizer Nationalzirkus einstellten, ging es mit ihrer Verpflichtung schliesslich zack, zack. «Sie sind phantastisch», lobt Knie. «Die Leute grölen und lachen wie wild.» Die beiden seien trotz ihrer Berühmtheit ganz normal und bodenständig geblieben, und sie seien nicht nur bei den anderen Artisten, sondern auch beim Zirkuspersonal beliebt.

Die Begeisterung ist gegenseitig. Auch Mike Müller und Victor Giacobbo schwärmen bei unserem Gespräch im noblen Konferenz-Wagen mit dunklen Holzmöbeln und gesteppten grünen Lederpolstern von den Mitgliedern der Familie Knie, ebenso wie von den anderen Artisten und den Angestellten im rund 250-köpfigen Zirkustross. Sie seien allesamt seriös arbeitende, ernstzunehmende Leute, und der Umgang untereinander sei sehr angenehm und von grosser gegenseitiger Hilfsbereitschaft geprägt.

Bühne von mehr als 300 Grad
Und was ist einfacher, die Arbeit auf der Bühne oder in der Manege? Müller kann und Giacobbo möchte diese Frage nicht beantworten: «Ich will es nicht sagen, es sind unterschiedliche Medien, andere Prozesse.» Es sei anfangs auf jeden Fall eine gewaltige Umstellung gewesen auf ein derart grosses Publikum in einem Kreis von mehr als 300 Grad, sagt Müller. Viktor habe ihm schon im Voraus gesagt, dass man sich da anders als auf der Theaterbühne orientieren, permanent in Bewegung bleiben und auch alle Leute anschauen müsse.

Diese Vorgaben erfüllen die Figuren, die das Duo im Zirkus spielt. Es sind – zur Freude des Publikums – alles liebgewonnene Bekannte, allen voran natürlich Giacobbos stets leicht verhängter Schnorrer Fredi «häsch mer nöd zwei Stutz?» Hinz. Müllers dauerschwafelnder Hanspeter «Bujujui» Burri hat ebenso seinen Auftritt wie der linkische Mittfünfziger Armin Grütter und dessen keifende Mutter, das halbseidene Mischler-Paar Sonny Boppeler & Benno Stark, der Dampfplauderi Roger «find i guet» Schawinski und der pomadige TV-Hellseher Mike Shiva auf einem elektrischen Raupentraktor: ein zum Schreien komischer Anblick.

Bei der Gestaltung ihrer Nummern liess ihnen die Direktion alle Freiheit. «Wir machen schliesslich nicht neun Jahre lang eine Sendung, in der einem niemand diktiert, was wir tun dürfen und was nicht, und gehen dann in den Zirkus und lassen uns alles vorschreiben», hält Giacobbo fest. Das Ergebnis spricht für sie. Die beiden wissen sehr wohl, wie man ein breites, nicht unbedingt politisch interessiertes Zirkuspublikum für sich gewinnen kann.

Selbstverständlich treten Giacobbo und Müller auch mit Tieren auf. Fredi Hinz’ Kameldame Suleika aus der Tournee von 2006 bleibt diesmal allerdings im Stall. «Ich will ja nicht die alten Nummern noch einmal bringen», sagt Giacobbo. Dafür sind im Jubiläumsprogramm die fürs After-Show-Catering zuständigen Herren Boppeler & Stark mit den zwei Zwergschweinchen «Godeli» und «Stupsi» unterwegs. Dressurtricks gibt es mit den kleinen Paarhufern keine, sie sind aber so putzig, dass das grosse Buffet schliesslich vegetarisch bleiben muss.

Staunen und lachen
Weil in der Jubiläumstournee die ohnehin zur Familientradition der Knies gehörenden Pferde eine ganz besondere Rolle spielen, wird der unbeholfene Armin Grütter von seinem Mutterdrachen auf den Rücken eines Pferdes gehetzt. Der bedauernswerte Braune «Campo» bietet mit seinem übergewichtigen Jockey ein geradezu mitleiderregendes Bild, verglichen mit Fredy Knies Pferdekarussell mit 30 eleganten Hengsten, Geraldine Knies Manegen-Comeback als elegante Zirkusreiterin oder der wilden doppelten Ungarischen Post von Ivan Frédéric Knie und Wioris Errani. Bei ihnen staunt das Publikum, bei Frau Grütter und ihrem Armin lacht es Tränen.

Die Starkomiker Giacobbo und Müller sind die Aushängeschilder des Programms zum 100-Jahr-Jubiläum des Zirkus Knie, und sie tragen ihren Teil dazu bei, dass sich die Leute regelrecht auf die Tickets stürzen. Die Vorstellungen sind jeweils schon früh ausverkauft. In Zürich, wo der Zirkus vom 4. Mai bis 2. Juni auf dem Sechseläutenplatz gastiert, sind bereits jetzt an drei Montagabenden Zusatzvorstellungen anberaumt.

Alle wollen sie zum« jubileo»
Der Publikumsandrang sei phantastisch, bilanziert Fredy Knie. Die Quotenstars vom Bildschirm seien grosse Publikumsmagneten, aber die Leute kämen auch wegen des Jubiläums in grosser Zahl in den Zirkus. Die Nachmittagsvorstellungen, an denen die drei renommierten Clowns Yann Rossi, Davis Vasallo und Francesco Fratellini anstelle von Giacobbo und Müller für kinderfreundliche Lachnummern zuständig sind, seien gleichfalls regelmässig ausverkauft. Und auch im Tessin, wo der Zirkus Knie im November mit den Westschweizern Vincent Kucholl und Vincent Veillon auftrete, laufe der Vorverkauf schon jetzt super, sagt Fredy Knie. «Alle wollen sie beim ‹jubileo› dabei sein.»

Giacobbo/Müller mischen die Manege auf

29. April 2019, Neue Zürcher Zeitung, von Alois Feusi

Das bekannteste Comedy-Duo des Landes ist eine der Hauptattraktionen der Jubiläumstournee des Zirkus Knie Ein Feuerwehrmann auf einem roten Gabelstapler […]

Mit «Alonso», einem von Viktor Giacobbo eingeschweizerten Stück des österreichischen Kabarettisten Stefan Vögel, startet das umgebaute Casinotheater Winterthur in die neue Spielsaison.

Der Hund sei des Menschen bester Freund, sagt der Volksmund. Das mag zutreffen. Wenn er aber so klug und instinktsicher ist wie der mexikanische Nackthund Alonso, kann er durchaus auch Freundschaften beenden. – Das heisst, so richtig beste Freunde, wie sie einander mit penetranter Regelmässigkeit bestätigen, sind die Ehepaare Schultheiss und Walk eigentlich nicht. Anfangs ahnen sie dies höchstens, aber im Verlauf der eineinhalbstündigen Beziehungskomödie «Alonso» im frisch umgebauten Casinotheater Winterthur werden Gewissheiten demontiert, bröckeln Fassaden und brechen Abgründe auf, dass es ein Graus ist.

Das Personal des von Viktor Giacobbo inszenierten und eingeschweizerten Stücks des österreichischen Kabarettisten Stefan Vögel setzt sich zusammen aus einem Professoren-Geck kurz vor dem Aufstieg zum Chef des Instituts für vergleichende Sprachwissenschaften (Max Gertsch) samt auf spiritueller Sinnsuche befindlicher Ehefrau (Tamara Cantieni) sowie einem etwas schusseligen mittleren Angestellten und Hobbykoch (Dominique Müller) und dessen gleichfalls gelangweilten Ehefrau (Anne Hodler) und heimlichen Geliebten des Institutsleiters in Spe.

Max Gertschs aufgeblasener Intellektueller schreit von der ersten Minute an nach einer saftigen Ohrfeige. Einen Narzissten wie ihn kennt praktisch jeder, genauso wie Anne Hodels ach so brave Hausfrau, die einen ganz fürchterlichen Terror aufziehen kann. Tamara Cantienis leicht trashige Provinzschönheit, die um jeden Preis einen Professor haben wollte und einen Frosch kriegte, mutiert erschreckend heftig zum furiosen Racheengel mit Domina-Touch. Wenn diese Blicke tatsächlich töten könnten, wäre es schlimm bestellt um die Zuschauer in den vorderen Reihen. Dominique Müller schliesslich gibt den behäbigen, selbst beim Schimpfen und Poltern durch und durch harmlosen Biedermann. So eine Figur braucht’s bei so viel Falschheit, auch wenn er es gleichfalls faustdick hinter den Ohren hat.

Das Quartett trifft sich regelmässig bei den Walks zum Nachtessen und lässt sich vom Gehörnten bekochen. Dabei spritzen kleine Gifteleien hin und her, die Paare gehen sich gegenseitig auf den Wecker, und viel zu sagen hat man einander auch nicht. Aber irgendwie sind diese Abende zu Viert doch recht angenehm – bis dann Alonso ins Spiel kommt, ein kastrierter Rüde der 3500 Jahre alten Rasse Xoloitzcuintle . Die gibt es tatsächlich; ausgesprochen wird ihr Name Scholoitz-kuint-li.

In der Mythologie der Azteken begleiten diese Tiere mit dunkler ledriger Haut die Seelen der Toten auf dem Weg ins Jenseits. «Höllenhunde» nennt sie der Professor und beweist damit einmal mehr sein ach so bewundernswürdiges Allgemeinwissen. Als ein solcher entpuppt sich Alonso in einem gnadenlos bösen Showdown mit überraschenden Wendungen tatsächlich. Der Xoloitzcuintle führt die beiden Ehepaare gewissermassen als tierischer Lügendetektor in eine emotionale Hölle und das Publikum durch ein starkes Stück klamaukfreies Boulevard-Theater: Ein schöner Start in die neue Spielsaison des «neuen» Casinotheaters.

Casinotheater Winterthur, 3. September. Weitere Aufführungen bis 3. Oktober.

Beste Freunde und ein Höllenhund

6. September 2015, Neue Zürcher Zeitung, von Alois Feusi

Mit «Alonso», einem von Viktor Giacobbo eingeschweizerten Stück des österreichischen Kabarettisten Stefan Vögel, startet das umgebaute Casinotheater Winterthur in die […]

Saisonpremiere des Zirkus Knie mit Viktor Giacobbo in Rapperswil

Wo steckt bloss dieser blöde Zweifränkler? Die Vorstellung hat bereits begonnen, als ein belämmerter Althippie mit zotteliger Vorne-kurz- hinten-lang-Matte auf dem Kopf auftaucht und unbeeindruckt von Stallmeister und Publikum im Sägemehl herumscharrt. Denn Fredi Hinz, dieses Kamel, hat im letzten Sommer beim Grillieren exakt auf diesem Parkplatz eine Münze vergraben. «Muesch de Schtutz zerscht verloche, bevor d en wieder useholsch. Das han i vom Martin Ebner glehrt», verkündet Hinz alias Viktor Giacobbo mit treuherzigem Hundeblick in die Runde, ehe ihm dämmert, dass er im Zirkus gelandet ist und dass hier gearbeitet wird.

Blowin‘ in the Wind

Arbeiten beim Zirkus, das wäre eigentlich auch etwas für Fredi Hinz. Eine Tierdressur schwebt ihm vor, eine mit einem Walfisch, galoppierenden Zebras und einem Ritt auf einem Tiger. Ganz so ausgefallen wird die Nummer dann zwar nicht, aber am Schluss des neuen Programms des Zirkus Knie, das am Freitag in Rapperswil die Saisonpremiere erlebt hat, darf Hinz immerhin eine Art Kameldressur zeigen und, rücklings aus der Manege reitend, auf der Blockflöte ein krächzendes «Blowin‘ in the Wind» spielen.

Bis es so weit ist, gibt es eine Menge zu lachen mit Giacobbos Fredi Hinz, seinem schlitzohrigen Inder Rajiv und seinem Dumpfblondie Debbie Mötteli. Und obschon die eine oder andere Textpassage noch einen letzten Feinschliff vertragen kann, ist schon nach der Generalprobe vom Freitagnachmittag klar, dass die Familie Knie mit ihrer schon traditionellen Verpflichtung eines Grossen der Schweizer Kleinkunst einmal mehr ein glückliches Händchen gehabt hat. – Noch viel mehr Tradition als die Komiker-Gastspiele haben Knies Tiernummern. Géraldine Knie präsentiert eine sehr harmonische Freiheitsdressur mit Friesen und Palominos, ihr Vater Fredy Knie beweist augenzwinkernden Humor und galoppiert im Kreis um einen auf den Hinterbeinen tänzelnden Araberschimmel, und als sich der kecke Ivan Frédéric mit seinem Shetland-Pony dazugesellt, stehen gleich drei Generationen in der Manege. Ivans Grossmutter Marie-José zeigt fünf Lamas und fünf Guanakos, und Franco Knie senior und Franco junior begeistern mit einer ausserordentlich spielerischen, leichtfüssigen Dressur ihrer sechs Elefantendamen.

Zum wiederholten Mal dabei sind die jungen Frauen der Compagnie aus Kasachstan. Sie führen zusammen mit Giacobbo/Hinz durch ein Programm mit einer phantastischen siebenköpfigen Diabolo-Truppe sowie einem gelenkigen Ikarier- Paar aus China, einer kraftvollen Schleudernummer am russischen Barren und einem athletisch- sinnlichen Tango an der vertikalen Stange, vorgeführt von der in Freienbach am Zürichsee aufgewachsenen Sandra Feusi und ihrem amerikanischen Gatten Sam Payne.

Wagemutige Messerwerfer

Gleichsam die Klammer um das Programm schliessen ein italienisches Armbrust- und Messerwerfer-Duo sowie ein Brüderpaar aus Ecuador auf dem Todesrad. Wenn der Italiener seiner Frau einen Apfel vom Kopf schiesst oder mit Messern auf die an einer Scheibe rotierende Partnerin wirft, stockt dem Publikum der Atem ebenso, wie wenn die waghalsigen Südamerikaner todesmutig auf und in ihren Gitterrädern wirbeln: Das ist Nervenkitzel allererster Güte.

Nervenkitzel und ein Kamel auf dem Kamel

25. März 2006, Neue Zürcher Zeitung, von Alois Feusi

Saisonpremiere des Zirkus Knie mit Viktor Giacobbo in Rapperswil Wo steckt bloss dieser blöde Zweifränkler? Die Vorstellung hat bereits begonnen, […]

2017