Viktor Giacobbo

, 29. April 2019, von Alois Feusi

Giacobbo/Müller mischen die Manege auf

Das bekannteste Comedy-Duo des Landes ist eine der Hauptattraktionen der Jubiläumstournee des Zirkus Knie

Ein Feuerwehrmann auf einem roten Gabelstapler und zwei Stadtpolizisten stellen wassergefüllte Kunststoff-Kuben zum Schutz gegen allfällige Amokfahrer auf die Sonnenstrasse. Das Chapiteau steht bereits in seiner ganzen rot-weiss-blauen Pracht da, und ein paar Arbeiter richten die Manege für die erste abendliche Vorstellung her: Der Zirkus Knie ist an diesem sonnigen Dienstag zu seinem neuntägigen Gastspiel auf dem Spelteriniplatz in St. Gallen eingetroffen.

Auch Viktor Giacobbo und Mike Müller, die Gastkünstler aus der nationalen Comedy-Szene und langjährigen Quotenstars des Schweizer Fernsehens, sind schon da. Heuer feiert die Familie Knie das 100-Jahr-Jubiläum ihres offiziell eingetragenen Schweizer Nationalzirkus, und für ein solches Jubiläum sind schliesslich nur die Besten und Bekanntesten gut genug.

Lob auf beiden Seiten
Dass die beiden Politkabarettisten und Schauspieler nach dem Ende ihrer Satire-Serie «Giacobbo/Müller» eine Saison mit dem Zirkus Knie auf Tournee gehen und dabei jeweils in den Abendvorstellungen auftreten würden, habe schon länger festgestanden, erzählt Fredy Knie jun. Der Zirkusdirektor ist seit 2006 mit Giacobbo befreundet. Damals reiste der Winterthurer Bühnen-Allrounder ein erstes Mal mit dem Zirkus Knie durch die Deutschschweiz.

Weil Viktor Giacobbo und Mike Müller ihre TV-Sendung rechtzeitig vor dem 100. Geburtstag des Schweizer Nationalzirkus einstellten, ging es mit ihrer Verpflichtung schliesslich zack, zack. «Sie sind phantastisch», lobt Knie. «Die Leute grölen und lachen wie wild.» Die beiden seien trotz ihrer Berühmtheit ganz normal und bodenständig geblieben, und sie seien nicht nur bei den anderen Artisten, sondern auch beim Zirkuspersonal beliebt.

Die Begeisterung ist gegenseitig. Auch Mike Müller und Victor Giacobbo schwärmen bei unserem Gespräch im noblen Konferenz-Wagen mit dunklen Holzmöbeln und gesteppten grünen Lederpolstern von den Mitgliedern der Familie Knie, ebenso wie von den anderen Artisten und den Angestellten im rund 250-köpfigen Zirkustross. Sie seien allesamt seriös arbeitende, ernstzunehmende Leute, und der Umgang untereinander sei sehr angenehm und von grosser gegenseitiger Hilfsbereitschaft geprägt.

Bühne von mehr als 300 Grad
Und was ist einfacher, die Arbeit auf der Bühne oder in der Manege? Müller kann und Giacobbo möchte diese Frage nicht beantworten: «Ich will es nicht sagen, es sind unterschiedliche Medien, andere Prozesse.» Es sei anfangs auf jeden Fall eine gewaltige Umstellung gewesen auf ein derart grosses Publikum in einem Kreis von mehr als 300 Grad, sagt Müller. Viktor habe ihm schon im Voraus gesagt, dass man sich da anders als auf der Theaterbühne orientieren, permanent in Bewegung bleiben und auch alle Leute anschauen müsse.

Diese Vorgaben erfüllen die Figuren, die das Duo im Zirkus spielt. Es sind – zur Freude des Publikums – alles liebgewonnene Bekannte, allen voran natürlich Giacobbos stets leicht verhängter Schnorrer Fredi «häsch mer nöd zwei Stutz?» Hinz. Müllers dauerschwafelnder Hanspeter «Bujujui» Burri hat ebenso seinen Auftritt wie der linkische Mittfünfziger Armin Grütter und dessen keifende Mutter, das halbseidene Mischler-Paar Sonny Boppeler & Benno Stark, der Dampfplauderi Roger «find i guet» Schawinski und der pomadige TV-Hellseher Mike Shiva auf einem elektrischen Raupentraktor: ein zum Schreien komischer Anblick.

Bei der Gestaltung ihrer Nummern liess ihnen die Direktion alle Freiheit. «Wir machen schliesslich nicht neun Jahre lang eine Sendung, in der einem niemand diktiert, was wir tun dürfen und was nicht, und gehen dann in den Zirkus und lassen uns alles vorschreiben», hält Giacobbo fest. Das Ergebnis spricht für sie. Die beiden wissen sehr wohl, wie man ein breites, nicht unbedingt politisch interessiertes Zirkuspublikum für sich gewinnen kann.

Selbstverständlich treten Giacobbo und Müller auch mit Tieren auf. Fredi Hinz’ Kameldame Suleika aus der Tournee von 2006 bleibt diesmal allerdings im Stall. «Ich will ja nicht die alten Nummern noch einmal bringen», sagt Giacobbo. Dafür sind im Jubiläumsprogramm die fürs After-Show-Catering zuständigen Herren Boppeler & Stark mit den zwei Zwergschweinchen «Godeli» und «Stupsi» unterwegs. Dressurtricks gibt es mit den kleinen Paarhufern keine, sie sind aber so putzig, dass das grosse Buffet schliesslich vegetarisch bleiben muss.

Staunen und lachen
Weil in der Jubiläumstournee die ohnehin zur Familientradition der Knies gehörenden Pferde eine ganz besondere Rolle spielen, wird der unbeholfene Armin Grütter von seinem Mutterdrachen auf den Rücken eines Pferdes gehetzt. Der bedauernswerte Braune «Campo» bietet mit seinem übergewichtigen Jockey ein geradezu mitleiderregendes Bild, verglichen mit Fredy Knies Pferdekarussell mit 30 eleganten Hengsten, Geraldine Knies Manegen-Comeback als elegante Zirkusreiterin oder der wilden doppelten Ungarischen Post von Ivan Frédéric Knie und Wioris Errani. Bei ihnen staunt das Publikum, bei Frau Grütter und ihrem Armin lacht es Tränen.

Die Starkomiker Giacobbo und Müller sind die Aushängeschilder des Programms zum 100-Jahr-Jubiläum des Zirkus Knie, und sie tragen ihren Teil dazu bei, dass sich die Leute regelrecht auf die Tickets stürzen. Die Vorstellungen sind jeweils schon früh ausverkauft. In Zürich, wo der Zirkus vom 4. Mai bis 2. Juni auf dem Sechseläutenplatz gastiert, sind bereits jetzt an drei Montagabenden Zusatzvorstellungen anberaumt.

Alle wollen sie zum« jubileo»
Der Publikumsandrang sei phantastisch, bilanziert Fredy Knie. Die Quotenstars vom Bildschirm seien grosse Publikumsmagneten, aber die Leute kämen auch wegen des Jubiläums in grosser Zahl in den Zirkus. Die Nachmittagsvorstellungen, an denen die drei renommierten Clowns Yann Rossi, Davis Vasallo und Francesco Fratellini anstelle von Giacobbo und Müller für kinderfreundliche Lachnummern zuständig sind, seien gleichfalls regelmässig ausverkauft. Und auch im Tessin, wo der Zirkus Knie im November mit den Westschweizern Vincent Kucholl und Vincent Veillon auftrete, laufe der Vorverkauf schon jetzt super, sagt Fredy Knie. «Alle wollen sie beim ‹jubileo› dabei sein.»

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