Viktor Giacobbo

, 29. Januar 2008, von Jean-Martin Büttner

Wo die Pointen sitzen sollten, blinken angestrengt die Ausrufezeichen

Grosse Erwartungen, erster Jubel. Trotzdem: Die Premiere von «Late Service Public», der neuen Satiresendung von Viktor Giacobbo und Mike Müller, ist missglückt.

Die Nervosität war ihnen anzumerken. Aber die Erwartungen waren hoch gewesen, nicht zuletzt ihre eigenen. Seit Viktor Giacobbo angekündigt hatte, nach fünf Jahren wieder eine Satiresendung fürs Fernsehen zu machen, hatte man sich über die Rückkehr eines Komikers gefreut, der viel Verschiedenes kann.

Giacobbo hat als Schauspieler ein gutes Dutzend von Figuren entwickelt, die noch bekannter wurden als er selber. Als Conférencier überzeugte er mit einer Selbstironie, bei der die Pointen fast absichtslos aus ihm herauskullerten. Und als Interviewer brillierte er im Streitgespräch mit wechselnden Gästen, vorzugsweise Politikerinnen und Politikern, denen er kompetent und schlagfertig nachsetzte.

So etwas wie ein Gespräch

Weil er aber nicht mehr dasselbe machen wollte, versucht Giacobbo es diesmal anders, wie schon der umständliche Titel der neuen Sendung klar macht. « Giacobbo /Müller, Late Service Public», als satirischer Wochenrückblick angelegt, wird im Duett verabreicht. Dazu hat sich Viktor Giacobbo den Schauspieler Mike Müller geholt, ein komisches Talent auch er. So sitzen die beiden nebeneinander am Pult und reden lustig über das, was in der letzten Woche so passiert ist. Dann stossen ein paar Gäste hinzu, dazwischen gibt es Sketche, etwas Musik, und das wars.

Aber das reicht so nicht: Die Premiere der neuen Satiresendung ist missglückt. Das liegt einerseits am Material, vor allem aber am Konzept. Angestrengt versuchen die beiden Protagonisten, aus einstudierten Abläufen so etwas wie Gespräch entstehen zu lassen. Nacheinander deklinieren sie die Bankenkrise, das WEF, die Vorgänge im Zürcher Sozialamt, die katholische Kirche und ihre Pädophilen und Sarkozy mit seiner Bruni. Nur reden Giacobbo und Müller dermassen schwerfällig aufeinander ein, dass man dauernd die Ausrufezeichen blinken sieht, wo eine Pointe sitzen sollte. Als Gespräch funktioniert das nicht, weil kein Gespräch zu Stande kommt. Als einstudierte Satire genügt es nicht, weil die Satire zu wenig lustig ist. Das Timing stimmt nicht, die Pointen bleiben absehbar, überhaupt dauert alles viel zu lange.

Dann kommen die Gäste, und mit ihnen neue Probleme. Zwar findet das Moderatorenpaar zwanglos zu neuen Rollen: Müller regrediert auf witzige Weise zum Knecht, während Giacobbo im ironischen Gespräch mit den Eingeladenen das tut, was er am besten kann. Leider haben sich die beiden für ihre Premiere die Falschen ausgesucht. Etwa den Berner Satiriker Andreas Thiel, der als Komiker gegen alles antritt, was sich links von ihm noch rotgrün rührt. Statt über die Rechte loszuziehen, macht sich der Nachgeborene über die Linke her, oder in seinen Worten: «über eine Sozialdemokratie als staatlicher Vormundschaftsbehörde». Dazu hätte er allen Grund. Nur geht Thiel dabei dermassen klischiert vor, dass er exakt jene Selbstgerechtigkeit produziert, gegen die er satirisch angetreten war. Bloss mit umgekehrten Vorzeichen.

Als ersten Politiker haben sich Giacobbo und Müller den freisinnigen Nationalrat Otto Ineichen ausgewählt, und auch den hätten sie lieber bleiben lassen sollen. Ineichen redet manchmal schneller, als er denkt, und als er in den Saal hinausruft, dass alle Parteien im Moment zu Führerparteien würden und hart geführt werden müssten, wünschte man sich, jemand würde den wackeren Unternehmer vor sich selber schützen. Es stösst dann noch ein Jungunternehmer zur Runde, der das Handy mit Google verbinden möchte und artig Werbung für sich selber macht. Aber kaum kommt das Gespräch halbwegs zu Stande, ist die Zeit schon um.

Dennoch zwei Höhepunkte

Was auch alles missriet an diesem ersten Abend: Vieles lässt sich korrigieren, die angestrengte Doppelmoderation wäre das Erste. Im Übrigen hatte die Sendung durchaus ihre Höhepunkte, vornehmlich deren zwei. Nämlich Peter Tate, der als lakonischer Brite mit Gitarre für Musik und Kommentare sorgte. Und Fabian Unteregger, der in einem Sketch brillant den SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli parodierte – auch dieser ein Einwegsatiriker, der Komik immer nur bei den Gegnern sucht.

Das zumindest wird man den Gastgebern nicht vorwerfen können. Ihr Problem ist eher, dass man sie noch nicht so lustig findet wie sie einander.

2017