Viktor Giacobbo

, 1. September 2005, von Bruno Rauch

Staubwedel-Blues in Züri West

Giacobbo / Müller: «Ein seltsames Paar»

Manhattan-Transfer: Viktor Giacobbo verlegt Neil Simons Boulevardkomödie «The Odd Couple» aus New York 1965 ins Zürcher Westend von 2005.

 

Man kennt es: offene Zahnpastatube, zerfledderte Zeitung unterm Sofa, offene Schranktüren. Man könnte wahnsinnig, könnte gar zum Mörder werden. Oskar (Mike Müller), Sportjournalist, glücklich geschieden, schlampig, aber sonst ein netter Kerl, ist schon bald so weit. Seit einiger Zeit gewährt er nämlich seinem Kumpel, dem Nachrichtenredaktor Felix (Viktor Giacobbo) Gastrecht in seinem grossen Loft. Felix hats bitter nötig, ist am Boden zerstört, will seinem Leben ein Ende machen. Denn: Seine Frau ist ihm davongelaufen. Jetzt zeigt sich wahre Männerfreundschaft!

Nur, Felix machts einem nicht einfach: Er ist pingelig, neurotisch, hypochondrisch. Wischt Staub, kocht und verwandelt Oskars chaotische Junggesellenbude in einen soignierten Haushalt, was hüben wie drüben Stich- und Gifteleien provoziert. Selbst die wöchentliche Pokerrunde mit vier weiteren Kollegen (Marcus Fritsche, Peter Fischli, Thomas Mathys, Peter Zimmermann) im weissen, neuerdings klinisch sauberen Wohnzimmer (Bühne: Christoph Schubiger), wo man die Schuhe gefälligst auszuziehen hat, kommt arg ins Schlingern. Vielleicht fehlt Felix einfach eine Frau; mit den Nachbarinnen, den Schwestern Gudrun (Katharina von Bock) und Carola (Rebekka Burckhardt), ist ein feuchtfröhlicher Abend anberaumt, doch Felix . . . – Sie werden es nicht glauben!

G’s geständnis

Plot bekannt? Neil Simon hat ihn 1965 auf die Bühne gebracht, drei Jahre später Gene Sacks mit Jack Lemmon und Walter Matthau auf die Leinwand. Jetzt hat Viktor Giacobbo den Knüller ins Schweizerdeutsche übertragen, wobei er feststellte, «dass die Direktheit und die Schnoddrigkeit der Mundart mitunter fast näher am englischen Original sind als die hochdeutsche Fassung». Klar, dass Aktualisierungen vorgenommen werden mussten – Handys zum Beispiel gabs in den 60ern noch nicht. Nein, den Film habe man bewusst nicht zum Vorbild genommen. Ja, er habe selbst etwas Pingeliges, gibt Giacobbo alias Felix zu, und Oskar-Mike zwinkert lautstark. Er seinerseits muss bisweilen die typisch «soledurnisch» geprägte Lautfärbung etwas zurücknehmen, damit der spritzige Dialog und das Tempo durchkommen. Dass Timing und Pointen sitzen, dafür sorgt Regisseur Stefan Huber, der es nach der grossen «Heidi»-Kiste geniesst, kammermusikalisch und mit feinerem Pinsel zu zeichnen.

Winterthur, Casinotheater: Do 1.9. (Premiere) bis Sa 3.9. und Di/Mi 6./7.9., jeweils 20 Uhr. Weitere Vorst. Di-Sa, bis 1.10.

2017