Viktor Giacobbo

, 27. Februar 2004, von Philipp Gut

Die lustigen Weiber von Winterthur im Casting

Crossover im Casinotheater: Die Comedy-«Chicks» Viktor Giacobbo und Fabienne Hadorn mischen ein Konzert des Musikkollegiums Winterthur auf.

 

Es beginnt ganz ordnungsgemäss. Das Orchester Musikkollegium Winterthur unter Marc Kissoczy spielt Otto Nicolais «Die lustigen Weiber von Windsor». Ein Werk der eher leichteren Muse, aber immerhin. Die schwarz gewandeten Damen und Herren und ihr befrackter Dirigent entsprechen den Geflogenheiten des klassischen Konzertbetriebs. Und dann dies: Durch den Saal tönt ein «Halli hallo», mit jener nervigen Stimme, die man schon irgendwo gehört hat. Richtig, sie gehört jener umgespritzten Blondine, die sich Debbie Mötteli nennt und sich als Schuss aller Schüsse fühlt. In Volketswil, wo sie herstammt, mag sie das sein, unter weltläufig-objektiveren Gesichtspunkten muss man sie hingegen als Verkörperung der Schreckschraube schlechthin betrachten.

Comedy unterwandert die Klassik

Wo man hinschaut, knallt es. Ihre krummen Beine stecken in bunten Leggins, dazu trägt sie ein rotes Lackmäntelchen und ebensolche Schnürstiefel. So stöckelt sie auf die Bühne, im Schlepptau ihr Kaugummi kauendes, bauchfreies Gottenkind Gabi Muff. Ende der schönen Ordnung – die Comedy unterwandert die Klassik. «Women-Women: Chicks in Concert» heisst das Programm, mit dem Viktor Giacobbo (alias Debbie Mötteli) die vor einem Jahr initiierte Crossover-Reihe fortsetzt. Mit Fabienne Hadorn als Gabi Muff steht ihm diesmal eine ebenbürtige Komikerin zur Seite.

Was dabei herauskommt, ist selbstverständlich kein Abend der feinen Töne. Das Teenie-Girl ist ebenso überzeichnet wie die grelle Gotte. Die ausgewählten Musikstücke sind populär, also angemessen. Beschwingtheit geht über Differenzierung. Die «Chicks in Concert» provozieren einen Kulturschock, der unsere fixen Vorstellungen davon, was beispielsweise «ernste Musik» ist, unterläuft. Daraus ergibt sich die Komik.

Extrem blondes Haar im Gegenwind

Mötteli/Muff versuchen die für sie fremde Welt der Klassik einzuordnen, indem sie das Konzert als Castingshow begreifen. Georges Bizets «Carmen Suite» passt da prächtig. Obgleich ihre Stimme, wenn auch nicht ihr Bauch, etwas dünner ist als diejenige des frisch gebackenen MusicStars Carmen Fenk – am Schluss darf Gabi selber zum Mikrofon greifen. Ihr «Titanic»-Song nach «Céline Dijon» – so der Senf, den Debbie dazu abgibt – ist der dramatische Höhepunkt des viel beklatschten Abends. Wie die beiden Chicks kurzerhand das Dirigentenpult entern und im steifen Gegenwind, der durch ihr rotes beziehungsweise extrem blondes Haar fährt, gegen einen imaginären Ozean ansingen, bringt sogar die begleitenden Berufsmusiker zum Lachen. Mehr noch: Wir haben gesehen, dass Gabi mit einem Bassisten («du häsch e megagrossi Gitarre!») die Handynummern tauschte. Gute Voraussetzungen für eine vertiefte Interaktion. Denn eine weitere Folge der Reihe ist bereits geplant.

2017