Viktor Giacobbo

, 22. Dezember 2003, von Jacqueline Lausch

Die Befindlichkeit des neuen Mannes

THEATERSTUDIO · Viktor Giacobbo, Mike Müller und Patrick Frey traten als «Sickmen» auf

Einen wahren Run aufs Theater-studio Olten lösten Viktor Giacobbo, Mike Müller und Patrick Frey am Wochenende aus: Gleich dreimal zeigten sie ihr Programm «Sickmen», in dem sich alles um die Befindlichkeit bzw. Empfindlichkeit des so genannt neuen Mannes dreht.Dass jeder von ihnen ein kluges Köpfchen ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Dass sie drei eigenwillige Spezies der Gattung Mann verkörpern, offensichtlich auch. Was draus wird, wenn sich drei so prägnante Figuren der Schweizer Kabarett-Szene gemeinsam auf die Bühne stellen, darauf war das Publikum gespannt.

Keine Politsatire, wie man sie von den dreien, die immer wieder als brillante Analytiker des Zeitgeschehens in Erscheinung treten, vielleicht erwartet und erhofft hätte. Keine ausgeklügelten Sprachspielereien. Vielmehr dürften die drei mittlerweile gestandenen Herren tatsächlich mit sich gerungen haben, bis ihr Konversationsstück, eine Eigenproduktion des Casinotheaters Winterthur unter der Regie von «Männertrainer» Tom Ryser, endlich bühnenreif war. Entstanden ist ein amüsantes, witziges Bühnenstück, das dem Publikum einen höchst vergnüglichen Abend bereitet. Nicht mehr und nicht weniger.

Ringen um ein Auftragsstück

«Sickmen» zeigt Giacobbo, Müller und Frey als «Kabarettisten-Karikaturen», die den Auftrag haben, ein aktuelles, politisches Auftragsstück zu schreiben. «Der saubere Krieg» hätte es heissen sollen, wenn was draus geworden wäre. Und wenn die drei sich nicht ständig gegenseitig auf die Füsse getreten wären: Patrick Frey mimt den hypersensiblen Allergiker, der seine Kollegen mit seiner panischen Angst vor Glutamat auf die Palme treibt. Mike Müller gibt den Gourmet, der ein Keller-Atelier als Übungsort strikte ablehnt, weil es ihn zu stark an Olten erinnert und ihm dort ausserdem die Infrastruktur für die Zubereitung einer stilechte Crêpe Suzette fehlt. Viktor Giacobbo schliesslich tritt als hypochondrischer Gesundheits-Fanatiker in Erscheinung, der erst mit den entsprechenden Pharmaka so richtig in Fahrt kommt.

Kränkliche Männer

Und so hoffen die drei eingebildeten Kranken auf verständnisvolle Zuwen-dung. Die bleibt ihnen allerdings ver-sagt: Der Schulmediziner wirft Frey mit der Diagnose «krankhafter Trieb zur Selbstbeobachtung» aus dem Spital. Und auch seine Frau scheint nicht auf bettlägerige Männer zu stehen, wird der lädierte Familienvater doch schon am zweiten Krankheitstag dazu angehalten, die Kinder in den Kindergarten zu bringen und das Katzenklo zu leeren …

Da kuriert man sich doch lieber selbst bei einem gemütlichen Männerabend. Ohnehin etwas vom Schönsten, was man haben kann, sinnieren die drei: Männer unter sich sind doch einfach relaxter. Da kann man auch mal ruhig sein. Manchmal gehts auch ganz ohne Worte …

Wirklich geheilt werden die körperli-chen und seelischen Wunden aber erst im Quellenhof Bad Ragaz durch Lomi-Lomi-Massagen, Bungee-Jumping und «Fachdiskussionen» mit der Rhythmik-Lehrerin Andrea. Nachdem Müller eine Nacht mit dem Wellness-Manager durchgesoffen hat und Frey beim einsamen Brainstorming in der Aroma-Kabine einen Heulkrampf erlitten hat, soll es schliesslich doch noch zum bühnenreifen Stück gekommen sein.

Drei Originale

Es macht Spass, die drei Kabarettisten mit der medialen Breitenwirkung live auf der Bühne zu sehen. Jeder der drei Herren im massgeschneiderten Anzug bringt ein Original auf die Bühne, in dem sich Kunstfigur und Persönlichkeit zu einem eigenwilligen Ganzen fügen. Und das lässt den Abend zu einem höchst unterhaltsamen Vergnügen werden.

2017