Viktor Giacobbo

, 9. Mai 2007, von Martin Gmür

Casinotheater, ein Prunkstück Winterthurs

Viktor Giacobbo, Mike Müller, Ursus & Nadeschkin und andere Gründer des Casinotheaters haben am Montag dessen fünften Geburtstag gefeiert. Dazu gibt es nur eines zu sagen: Gratulation.

Giacobbo und Müller geben die schmierigen Moderatoren, die manche Lacher unter der Gürtellinie abholen. Patrick Frey singt sein Lied vom Sturmgewehr. Ursus & Nadeschkin bringen das Publikum mit einer wilden Handy-Telefoniererei im Saal in Kontakt und dann mit komischen Kommunikationsmustern durcheinander. Und das Duo Fischbach zeigt sich erstaunlich freundlich und sehr musikalisch, unter anderem mit Rossini im Kuhglocken-Duett. Die Stars der Comedy-Szene, die Initianten, Gründer und Aushängeschilder des Casinotheaters, bekannt aus Film und Fernsehen, feierten am Montag Jubiläum und Erfolg.

Es gibt nicht wenige, die finden: Das Casinotheater ist das Beste, was Winterthur in den letzten fünf Jahren widerfahren ist. Es zieht Leute von weit her an und bringt Winterthur als junge, offene Stadt in die Medien, öfter als jede andere Kulturinstitution der Stadt. Skandale, wenn es denn welche gab, schafften es nie an die Öffentlichkeit. Darin unterscheidet sich das Casino von anderen Häusern wie dem Schauspielhaus und dem Bernhard-Theater.

Längst vergessen ist der Abstimmungskampf um das Casino, als ein einzelner SVP-Exponent «Skandal» rief. Das Haus, das damals noch der Stadt gehörte, hätte mit unklarer Strategie und 20 Millionen Franken umgebaut werden sollen, als Giacobbo & Co. als Retter auftraten. Sie erklärten sich bereit, das baufällige Haus für 300 000 Franken zu übernehmen und bekamen ein zinsloses Darlehen von zwei Millionen dazu. – Sie gewannen und schufen mit nur 13 Millionen Franken ein Bijou.

Wie lange noch ohne Subventionen?

Man komme ganz ohne staatliche Subventionen aus, pflegt Giacobbo heute bei vielen Gelegenheiten zu sagen. Ganz ohne öffentliche Gelder freilich schafft es auch das Casino nicht: Stadt und Kanton unterstützen Eigenproduktionen regelmässig mit 10 000 Franken und mehr. Denn obwohl die Sitze im Schnitt zu zwei Drittel ausgelastet sind, ist das Theater keineswegs eine Goldgrube. 2005 etwa resultierten 350 000 Franken Betriebsverlust.

Die Frage drängt sich also auf: Gilt die Dauerbeteuerung «Wir kommen ohne Subventionen aus» auch für weitere fünf oder gar zehn Jahre? Viktor Giacobbo, der Verwaltungsratspräsident, zögert nicht: «Mit dieser Aussage sind wir angetreten, und das ziehen wir durch.» Für dieses Jahr sieht die Sache sehr gut aus: Aktuell liegt die Auslastung bei über 70 Prozent, drei Wochen Lorenz Keiser bei ausverkauftem Haus stehen noch bevor. Nur reicht das nicht. Das Restaurant muss rentieren, und Firmen müssen ihre Events im Casino buchen. Beides ist nötig, um den Theaterbetrieb hausintern zu subventionieren. Und beides laufe derzeit, so Giacobbo, «super».

Die Popularität stets hochhalten

Giacobbo selber, Patrick Frey, Mike Müller und Ursus & Nadeschkin sind jene fünf Gründer, die das Image des Hauses bis heute prägen und es füllen, wenn sie selber auf der Bühne stehen. Dabei kommt ihnen natürlich ihre Popularität zu Hilfe, die sie auf anderen Bühnen erweitern: im Circus Knie, am Humorfestival von Arosa, als Kolumnisten beispielsweise in dieser Zeitung, in Filmen wie Havanna oder Eugen und natürlich im Fernsehen. Gerade eben hat SF DRS bekannt gegeben, dass Giacobbo und Müller ab 2008 wieder regelmässig zu sehen sein werden am Sonntagabend. Beste Werbung natürlich fürs eigene Haus – auch wenn Giacobbo und Müller die Grösse haben, die Show nicht aus Winterthur, sondern wie vor Jahren schon aus einem Zürcher Lokal zu senden.

Nur können die fünf Aushängeschilder bei all ihren anderen Aktivitäten natürlich nicht immer selber auf der altehrwürdigen Casinobühne stehen. Aber erstens gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Gründer und Teilhaber, die regelmässig zu Gast sind – Franz Hohler etwa, Gardi Hutter, Andreas Thiel oder Joachim Rittmeyer. Und zweitens schafft es insbesondere der derzeitige Theaterchef Paul Burkhalter, ein Programm anzubieten, das sich nicht auf Comedy und Cabaret beschränkt. Die Musik beispielsweise ist im letzten Jahr wichtiger geworden: Patent Ochsner, Plüsch, Michael von der Heide, Andreas Vollenweider, Max Lässer – sie machen heute alle im Casinotheater Halt, wenn sie nach Winterthur kommen. Nicht mehr im Salzhaus oder im viel kleineren Albani.

Für den Salzhaus-Programmmacher Andi Gröber ist das jedoch nur «ein minimales Problem». Manches passe besser ins Casino, gibt er bereitwillig zu. Doch beispielsweise «Patent Ochsner hätten wir gerne bei uns gehabt. Und Stiller Has spielen an beiden Orten.» Kontakte zwischen Salzhaus und Casinotheater gebe es kaum, Absprachen keine. «Ich weiss nicht, wie hoch die Gagen dort sind», sagt Gröber. «Marktkonform», antwortet Giacobbo. Vor allem deutsche Künstler kämen sogar für weniger als sonst, weil das Haus einen sehr guten Ruf habe: «Die Künstler schätzen die Betreuung, die Garderoben mit Wascher und Tumbler sowie das Essen.»

Der Promifaktor und der Bundesrat

Schliesslich, aber nicht letztlich, trägt ein Faktor zum Erfolg des Casinotheaters bei, auf den sonst nur noch das Opernhaus zählen kann: der Promifaktor. Will man im Ausgang einem leibhaftigen Bundesrat, einer Fernsehmoderatorin oder doch zumindest einem Sportreporter begegnen, stehen die Chancen gut, alle drei am selben Premierenabend im Casino zu treffen. Nein, nicht Christoph Blocher ist Stammgast (höchstens in Anspielungen auf seine Politik). Es ist ein anderer Landesvater, den man im Alltag seltener lachen sieht.

2017