Viktor Giacobbo

Wer sich in der Unterhaltungsbranche für einen besonders erfahrenen Profi hält, wiederholt gerne die Phrase, dass das Arbeiten mit Tieren und Kindern zu den sehr schwer kalkulierbaren Wagnissen gehöre. Es ist klar warum: wegen deren Regie-Resistenz bzw. Unberechenbarkeit. Ich frage mich, ob schon jemand auf die Idee gekommen ist, Fredy Knie zu diesem Thema zu befragen – ihn, der selber als Kind zusammen mit Tieren in der Zirkusmanege aufgetreten ist, in einer Showkategorie, deren rustikaler Livecharakter mancher Theaterbühne und bestimmt jedem Filmset überlegen ist. Er, der als Artist, Direktor und vor allem Pferdedresseur in über 60 Zirkussaisons mindestens einmal täglich vor Tausenden von Zuschauern einen Showact geboten und dabei seine Tochter, den Enkel und viele andere Schüler ins Zirkusleben begleitet hat. So einer ist eben nicht „nur“ Pferdeflüsterer, sondern auch Kinderflüsterer. Und nicht „nur“ Tierfreund, sondern Menschenfreund.
Fredy Knie ist daher in seinem einzigartigen, mobilen, unsubventionierten Familien-Unterhaltungsunternehmen der Garant dafür, dass die unterschiedlichsten Lebewesen, die Artisten, die Requisiteure, die Techniker, die Familienmitglieder und die Tiere das beste Lebens- und Arbeitsumfeld vorfinden.
Im Grunde genommen führt Fredy Knie sein Unternehmen auf dieselbe verblüffend einfache Weise, wie er seine Pferde lenkt: verbal. Ausserhalb der Manege beschränkt sich sein digitales Equipment auf ein einfaches Handy, in das er nicht tippt, mit dem er nicht surft, das er ausschliesslich für Gespräche benutzt, erreichbar für alle zu fast jeder Tageszeit – ein Schreckensszenario für jeden Manager. Eine Agenda? Braucht er nicht, er hat alle Termine im Kopf. Während der Zirkusshow kommuniziert er ebenso direkt mit ruhiger Stimme, der seine bis zu 24 vollblütigen Hengste ohne jeglichen Zwang voll vertrauen und so die Pferdedressurnummern performen, für die Knie weltberühmt ist.
Täglich Verantwortung übernehmen für hunderte von Menschen und Tieren, regelmässig ein geschätzter 16-Stunden-Tag, Ferien ein unbekannter Begriff – das wäre für jeden andern Firmenchef ein klassisches Burnout-Szenario. Doch davon ist Fredy Knie weit entfernt. Wer einmal mit dem Circus Knie eine Saison lang auf Tournee gewesen ist, lernt einerseits Fredys Humor kennen und anderseits wie man auch einen anforderungsreichen Job mit Gelassenheit und Optimismus angehen kann.
Weil er Backstage ein unkomplizierter Kumpel ist und Minuten später der souveräne Direktor im Zirkusrund, ist es schwierig, den Privatmann Fredy Knie vom Berufsmann zu unterscheiden, denn privat ist er irgendwie immer. Da der Zirkus und die Pferde sein Leben sind, kann man keine Grenzen ziehen zwischen seiner privaten Leidenschaft und seinem Beruf, zwischen dem Chef und dem Freund, dem eleganten Dompteur im Frack und dem liebenswerten Patron einer der bekanntesten Familien der Schweiz.
Diese einmalige, reiche Erfahrung von mehr als sechs Jahrzehnten Zirkus und Pferdedressur ist nun in Wort und Bild in diesem Buch von Fredy Knie vereinigt: „Mein Leben, meine Pferde“. Ein Buch, das ebenso treffend den Titel tragen könnte: „Meine Pferde, mein Leben“.

„Mein Leben, meine Pferde“ von Fredy Knie jun.

14. September 2015, Vorwort

Wer sich in der Unterhaltungsbranche für einen besonders erfahrenen Profi hält, wiederholt gerne die Phrase, dass das Arbeiten mit Tieren […]

Deutsche Kabarettisten, die regelmässig in der Schweiz performen, wissen genau, dass das Schweizer Kleinkunstpublikum in der Regel bestens über die politischen Verhältnisse und die aktuellen News aus Deutschland informiert ist. Deshalb können jene politischen Komiker, die nicht nur mit irgendwelchem Daily-Funny-Life-Material ihre Programme auffüllen (wie die „Comedians“), die Texte getrost in der „Deutschland-Version“ belassen.
Doch einigen scheint das nicht zu genügen – sie erkennen das Gefälle zwischen dem informierten Publikum und ihrer eigenen etwas dürftigen Kenntnis der politischen Schweiz. Wer ist Präsident? Gibt es eine Linke? Wie heisst hier der Bundestag? Ich habe mich schon mehrmals amüsiert über deutsche Satiriker, die dann etwa „Seehofer“ mit „Blocher“ ersetzen und sich wundern, wenn die Pointe nicht funktioniert. Ein lieber deutscher Kollege hat mal unsern Buhmann vom Dienst, Christoph Mörgeli, eine Amöbe genannt – durchaus ein lustiger Vergleich, aber leider auf alle Buhmänner der Welt anwendbar.
Und so weiss das Schweizer Publikum, dass es den verehrten deutschen Kabarettisten einiges verzeihen muss, wenn diese sich in ihren Programmen mal kurz in die Schweizer Politik verirren und dort mit dem Blindenstock herumschlagen. Meistens. Allerdings gibt es da ein paar wenige Ausnahmen und zu denen gehören natürlich die Biermösl. Hier sitzt man als Schweizer Kollege im Publikum, hört hingerissen den gereimten und musikalisch perfekt gerahmten Pointen zu und denkt sich: Verdammt, warum ist das keinem von uns Einheimischen eingefallen!
Wer mit den Biermösl befreundet ist, weiss dass man von ihnen vor einem Gastspiel in der Schweiz gnadenlos zum Dienst verpflichtet wird. Peinlich genau wird man von ihnen zu aktuellen politischen Auseinandersetzungen, anstehenden Volksabstimmungen und lokalen Eigenheiten abgefragt. Die Ergebnisse dieses freundschaftlichen Verhörs verwursten sie dann am selben Abend frisch gereimt in ihren wunderbaren Liedern. Es ist eine Frage der Zeit, bis sie wieder im Casinotheater Winterthur gastieren werden. Darauf bereite ich mich heute schon vor, denn beim letzten Mal wollten sie von mir den Namen des amtierenden Gemeinderatspräsidenten wissen – und ich einheimischer Ignorant kannte den nicht.

Von den Biermösl verhört

22. Februar 2015, Vorwort

Deutsche Kabarettisten, die regelmässig in der Schweiz performen, wissen genau, dass das Schweizer Kleinkunstpublikum in der Regel bestens über die […]

2017