Viktor Giacobbo

, 17. Februar 2005, von Frank Gerber

Unerhörtes im Casino

Hand aufs Herz: Sind Sie nicht auch schon im Konzert gesessen und haben gehofft, es möge etwas Schreckliches passieren, damit Sie nicht umkommen vor Langeweile? Letzten Dienstag ist das seit Jahren angestaute Abonnentenflehen erhört worden: Das finale F-Dur von Otto Nicolais Windsor-Ouvertüre hängt noch in der Luft, da geht die Tür auf und Debbie Mötteli, die geilste Schnalle von Volketswil oder Bümpliz, stöckelt in den Casinosaal. Samt bauchfrei pubertierendem Gottenkind Gabi Muff, das unbedingt Musicstar werden will.

Die beiden aufgetakelten Hühner, gespielt von Viktor Giacobbo und Fabienne Hadorn, führen durch den Konzertabend mit dem Musikkollegium Winterthur. Dabei mutieren die Pausenunterhalterinnen für viele zur Hauptattraktion. Wohl auch für den Konzertveranstalter, der schlichtweg vergessen hat, auf dem Programm den Dirigenten aufzuführen. Dabei ist es allein die musikalische Qualität, die den Abend vor dem Abgleiten in reinen Klamauk bewahrt.

Amüsant wird der Abend im zweiten Teil, wenn die beiden Stränge Comedy und E-Musik nicht mehr nebeneinanderher laufen, sondern zusammenfinden; wenn die «Chicks in Concert» wortwörtlich ins Konzert finden und bei Leopold Mozart mitspielen. Oder wenn Gabi doch noch zu ihrem Musicstarauftritt kommt und in einer Mischung aus Kindernutte und untergehender Galionsfigur den Titanicsong hechelt, zur überkandidelten Begleitung durch das Sinfonieorchester.

Endlich, es ist etwas Unerhörtes geschehen in einem klassischen Konzert. Allerdings in einem Konzert, in dem sich niemand danach gesehnt hat. PS: Der Dirigent heisst Marc Kissoczy.

2017