Viktor Giacobbo

, 22. Februar 2015

Von den Biermösl verhört

Deutsche Kabarettisten, die regelmässig in der Schweiz performen, wissen genau, dass das Schweizer Kleinkunstpublikum in der Regel bestens über die politischen Verhältnisse und die aktuellen News aus Deutschland informiert ist. Deshalb können jene politischen Komiker, die nicht nur mit irgendwelchem Daily-Funny-Life-Material ihre Programme auffüllen (wie die „Comedians“), die Texte getrost in der „Deutschland-Version“ belassen.
Doch einigen scheint das nicht zu genügen – sie erkennen das Gefälle zwischen dem informierten Publikum und ihrer eigenen etwas dürftigen Kenntnis der politischen Schweiz. Wer ist Präsident? Gibt es eine Linke? Wie heisst hier der Bundestag? Ich habe mich schon mehrmals amüsiert über deutsche Satiriker, die dann etwa „Seehofer“ mit „Blocher“ ersetzen und sich wundern, wenn die Pointe nicht funktioniert. Ein lieber deutscher Kollege hat mal unsern Buhmann vom Dienst, Christoph Mörgeli, eine Amöbe genannt – durchaus ein lustiger Vergleich, aber leider auf alle Buhmänner der Welt anwendbar.
Und so weiss das Schweizer Publikum, dass es den verehrten deutschen Kabarettisten einiges verzeihen muss, wenn diese sich in ihren Programmen mal kurz in die Schweizer Politik verirren und dort mit dem Blindenstock herumschlagen. Meistens. Allerdings gibt es da ein paar wenige Ausnahmen und zu denen gehören natürlich die Biermösl. Hier sitzt man als Schweizer Kollege im Publikum, hört hingerissen den gereimten und musikalisch perfekt gerahmten Pointen zu und denkt sich: Verdammt, warum ist das keinem von uns Einheimischen eingefallen!
Wer mit den Biermösl befreundet ist, weiss dass man von ihnen vor einem Gastspiel in der Schweiz gnadenlos zum Dienst verpflichtet wird. Peinlich genau wird man von ihnen zu aktuellen politischen Auseinandersetzungen, anstehenden Volksabstimmungen und lokalen Eigenheiten abgefragt. Die Ergebnisse dieses freundschaftlichen Verhörs verwursten sie dann am selben Abend frisch gereimt in ihren wunderbaren Liedern. Es ist eine Frage der Zeit, bis sie wieder im Casinotheater Winterthur gastieren werden. Darauf bereite ich mich heute schon vor, denn beim letzten Mal wollten sie von mir den Namen des amtierenden Gemeinderatspräsidenten wissen – und ich einheimischer Ignorant kannte den nicht.

2017