Viktor Giacobbo

, 5. Dezember 2009, von Wolf Meyer

Sie schreiben sich um Kopf und Kragen

Giacobbo, Müller und Frey zeigen ein Stück über ein Stück. Und sprühen auf der Suche nach Ideen vor Ideen.

Nun sitzen sie also da, die drei Schweizer Bühnenprofis Viktor Giaccobo, Mike Müller und Patrick Frey. Mürrisch, gereizt und etwas unter Druck, denn in wenigen Tagen soll ihr nächster Knüller auf die Bühne. Ihr letztes Programm «Sickman» war ein voller Erfolg – und solche vollen Erfolge verlangen, wie sonst nur ungleich unvollkommenere Dinge, nach noch mehr. Die Latte ist also hoch, die Zeit knapp – und die Ideen sind rar. Die humoristischen Errungenschaften der drei beschränken sich bisher auf die Erkenntnis, dass ihr Stück ein wohl eher einfaches Bühnenbild aufweisen wird und noch eines Inhalts bedarf. Kurz gesagt: Die drei haben noch nichts in der Hand. Was fehlt, ist das Fleisch am Knochen. Eine packende Thematik. Lebendige Geschichten und ein brisantes Zielfeld für ihre satirischen Angriffe. Doch auch den einen oder anderen Knochen suchen die drei noch.

Ein Tisch, drei Stühle und ein feinmaschiger Trialog verstricken den Zuschauer zusehends in die kurzweilige Suche nach dem neuen Stück. Nach und nach kommen Ideen auf den Tisch. Das Auto als Vater- und Mutterersatz. Das Steuerrad, die Nabelschnur zum innen ausgepolsterten Mutterleib, der aussenrum einem mächtigen Phallus gleich in Kraft und Blech gewickelt ist. Der Vorschlag wird besprochen, bestritten, verworfen – und man einigt sich, die Arbeit zu vertagen.

Kaffee und Kebab

Die durch Kaffee- und Kebab-Pausen in einzelne Szenen unterteilte Show unter dem Titel «Erfolg als Chance» fesselt den Zuschauer am letzten Donnerstagabend im Theater Casino in Zug auf angenehme Art und Weise. Am Programm ist nichts Aufdringliches, nichts Grelles, das einem nach kurzem Kosten bald widerstreben würde. Vielmehr geniesst man den stetigen Fluss und den recht kurz frequentierten Lachrhythmus im Saal.

Weder starr noch flach

«Erfolg als Chance» erzählt viele Geschichten. Das Dreiergespann ist weder starr noch flach. Die Fronten bleiben stets in Bewegung, und die Sticheleien unter den Geschäftspartnern und Kameraden sorgen immer wieder für Amüsement. Je näher der Tag der Premiere rückt, desto angespannter wird die Lage. Die Gedanken der drei Kabarettisten drehen sich um Klassenkampf, schiesswütige Mütter oder Bäuche auf Bühnen, die nicht grösser sein sollten als die Lacher im Publikum. Um Handys, die läuten, aber nicht leuchten, und den Stellenwert der drei Komiker auf dem Markt des Lächelns. Hierbei geht es nicht etwa um asiatische Trödler, sondern um das Werbeangebot, das für die einen unter ihrer Würde und für die anderen über ihrem Marktwert liegt.

Gekonnt abgespeckt

Das Publikum im Casino ist begeistert. «Das finde ich sehr kreativ», hört man die Leute sagen. Doch mehr noch als schwammige Statements zur Idee des Stücks wird einem dieser Eindruck durch das Gelächter im Saal, wenn die drei Komiker nacheinander an ihre Grenzen stossen, vermittelt. Mit ihrem Sinnieren über die Art, wie sie sich vor Publikum zur Schau stellen, und dem Schwärmen von ihren Träumen abseits vom Rampenlicht diskutieren sich die drei Männer in die Herzen der Menge und streifen scheinbar im Vorbeigehen das kollektive Zwerchfell. Man lacht und schmunzelt, ohne sich von metaphorischen Pappschildern mit entsprechenden Aufforderungen gelenkt zu glauben. Hier wird nicht dick aufgetragen, sondern gekonnt abgespeckt. Ohne viel Brimborium gestalten die drei Künstler einen facettenreichen Abend.

2017