Viktor Giacobbo

, 30. März 2006, von Peter Rothenbühler

Lieber Fredy Knie

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Ich habe zwei Anliegen. Ein persönliches und ein nationales. Erstens sollten Sie aufhören, so bescheiden zu tun, nie von sich zu reden. Alles rühmt das neue Programm, aber keiner sagt, dass hinter Fredi Hinz ein Fredy Knie steht. Dass einer, der Pferde und Clowns coachen kann, sowieso der Grösste ist. Wenn’s um die Fussball-Nati geht, redet schliesslich auch alles von Köbi Kuhn. Schon gut, dass Sie nicht so ticken wie all diese Theater-, Opern- und Filmregisseure, bei denen zuerst das Ego kommt und dann nochmals das Ego. Aber wer sich heute nicht selbst ins Gespräch bringt, wird nicht wahrgenommen. Zumal in einer Epoche, wo das Zähmen wilder Prinzessinnen den höheren Stellenwert hat als das Integrieren eines Winterthurer Ex-Kiffers in die Truppe der «Mitarbeiter, die immer dann auftreten, wenn es in der Manege dunkel wird».

Damit komme ich zu meinem zweiten Anliegen: Sie dürfen uns Welschen den Viktor Giacobbo alias Fredi Hinz nicht vorenthalten! Nichts gegen das Duo Les douaniers, das ihn in den welschen Spielorten ablösen wird. Aber ich mache jede Wette, dass Fredi Hinz, selbst mit fehlerhaftem Französisch, in Lausanne und Genf noch mehr Erfolg haben wird als in Zürich oder Bern. Gerade weil hier keiner das Déjà-vu-Erlebnis hat. Gerade weil das Publikum hier nicht so blasiert reagiert wie die NZZ am Sonntag, die schreibt: «Dass sein Gastspiel scheitert, scheint ausgeschlossen.» Ist das die uncoole Umschreibung von «sicherem Erfolg»? Sooo schnöd. Ich sage Ihnen: Der geniale Giacobbo wird hier am Genfersee einfahren wie ein Meteorit, wird ankommen wie einst Emil, der auch dank Knie zur nationalen Figur geworden ist. Ich sass an der Premiere hinter einer Gruppe von Welschen, die Giacobbo noch nie gesehen haben: Die sind ausgeflippt!

Machen Sie wenigstens je drei Vorstellungen mit ihm in Genf und Lausanne. Wenn Sie’s nicht tun, übernehmen Sie eine schwere Verantwortung. Stellen Sie sich mal vor: Die Nationalbank kommt irgendwann auf die Idee, neue Banknoten mit dem Konterfei von vier grossen Schweizer Komikern zu schmücken. Grock, Emil und Dimitri sind gesetzt, und bei Giacobbo fragen dann die Vertreter der welschen Kantone: «Qui est ce Giacobbo?» Und Sie sind schuld an dieser Ignoranz. Unmöglich, gell. Also: Sie wissen, was zu tun ist.

Mit herzlichen Grüssen

Peter Rothenbühler

2017