Viktor Giacobbo

Winterthurer Zeitung, 31. August 2018, von Fabrice Dubler

«Im Zirkus muss man flexibel sein»

Zum 100-jährigen Jubiläum vom Zirkus Knie wird Viktor Giacobbo zusammen mit Mike Müller das Publikum zum Lachen bringen. Im Interview erzählt der Winterthurer, was die Zuschauer erwarten dürfen und warum der Gastauftritt kein Comeback ist.

Vor hundert Jahren zeigte Knie seine erste Vorstellung. Zum Jubiläum darf man nächstes Jahr deshalb einige Specials erwarten. Letzte Woche liess der Schweizer Nationalzirkus denn auch verlauten, wer das Publikum im Jubiläumsjahr unter anderem zum Lachen bringen wird. Nach gemeinsamen Filmrollen, einer Late-Night-Show und diversen Theaterstücken stehen Mike Müller und Viktor Giacobbo nun auch gemeinsam in der Manege.

Viktor Giacobbo, wie kam es zu Ihrem Gastauftritt im Knie?

Ich durfte ja bereits im 2006 in der Manege des Knies stehen und habe dieses Jahr in guter Erinnerung. Seither bin ich noch immer in Kontakt und gut befreundet mit den Knies und der ganzen Zirkusfamilie. Sie fragten mich bereits früher an, ob ich nochmals auftreten könnte, aufgrund unserer Satiresendung und anderen Projekten war es mir aber bisher nicht möglich. Nun passte der Zeitpunkt jedoch für Mike und mich. Die Zusammenarbeit stand bereits seit über einem Jahr fest, wir behielten es aber bis vorletzten Dienstag für uns, was nicht immer ganz einfach war.

Mit Mike Müller arbeiten Sie schon seit Jahren zusammen. Ihr Gastauftritt ist also nicht wie ein Comeback zu verstehen?

Das Wort Comeback wird immer wieder falsch verwendet. Unsere Auftritte im Knie sind nicht mit unserer Fernsehsendung zu vergleichen. Und auch nicht mit unserem aktuellen Theaterstück, bei dem wir ja das Ende unseres Late-Service-Public und die damit zusammenhängenden, frei erfundenen Schwierigkeiten thematisieren. Unser Zirkusprogramm wird natürlich eine volle Figurenparade sein. Sie eignen sich besonders gut für die Manege. Zudem arbeiten Mike und ich wie gesagt immer wieder gemeinsam an Projekten und kehren somit nicht zurück. Es ist einfach ein neuer Schauplatz, in dem wir wieder gemeinsam zu sehen sein werden.

2006 spielten Sie Fredy Hinz im Knie. Auf welche Rollen darf sich das Zirkuspublikum nächstes Jahr freuen?

Das kann und will ich noch nicht preisgeben. Hier soll man sich überraschen lassen. So viel sei verraten: Es werden eher die lauten unserer Nummern sein. Da wir ausschliesslich abends auftreten, darf man sich auf ein satirisch angehauchtes Programm freuen, in das wir auch Aktualitäten einbringen werden. So kann es auch sein, dass wir die Sketche und Rollen anpassen oder sogar austauschen werden. Wir sind beide sehr flexibel und aufeinander abgestimmt, auch wenn es ums Improvisieren oder den Einbezug des Publikums geht. Es ist auch angedacht, dass wir Tiere in unsere Nummer miteinbeziehen. Welche verraten wir noch nicht.

Worin liegt für Sie der Reiz, in der Manege zu stehen?

Für mich ist der Zirkus Knie mit seinen internationalen Top-Acts und den klassischen Zirkusnummern einer der besten weltweit. Es ist schön zu sehen, wie die Familie die Qualität konstant hoch halten konnte und konsequent nur im Inland auftritt. Mich beeindruckt auch die Verbindung zum Casinotheater, da beide Institutionen unsubventioniert sind und somit selbst für ihren stetigen Erfolg bestrebt sein müssen. Auch das gemeinschaftliche Zirkusleben, bei dem man mit so vielen Artisten aus aller Welt in Kontakt kommt, gehört dazu und schätze ich sehr.

Gerade wenn Sie mit Mike Müller auftreten, scheint vieles spontan zu sein. Kann man da überhaupt üben?

Beim Zirkus ist das alles sehr dynamisch. Richtig proben kann man erst, wenn das Zelt steht, was meistens erst ein paar Wochen vor der Premiere der Fall ist. Bei gewissen Dialogen und Figuren muss man aber natürlich schon etwas präziser werden. Mike und ich haben bereits viele Ideen. Etwa 80 bis 90 Prozent des Programms steht eigentlich schon, wenn auch noch nicht im Detail. Gerade wenn jedoch das Publikum miteinbezogen wird, improvisieren wir oft. Genau das machen wir eigentlich am liebsten und ist quasi unser Markenzeichen. Auch in unserer Fernsehsendung arbeiteten wir selten nur nach Skript. Das kann natürlich auch mal schiefgehen, dafür entstehen so manchmal Highlights, mit denen man vorher nicht gerechnet hat. Sobald wir das genaue Zirkusprogramm kennen, können wir unsere Nummern zudem noch besser auf dieses abstimmen und mit unseren Figuren beispielsweise bei anderen Nummern intervenieren. Alles planen kann man aber nicht. Und das macht für mich den Zirkus so interessant: Man muss immer flexibel sein.

Wie merken Sie, ob Ihr Humor beim Publikum ankommt?

Eine gewisse Erfahrung besteht natürlich bereits. In unserem Beruf merkt man aber relativ schnell, was Anklang findet und was nicht. So kann man das Programm anpassen, wenn man möchte. Wir machen aber auch immer wieder Sketche, bei denen wir wissen, dass ein grosser Teil der Zuschauer diese nicht goutieren. Wenn man sich nur nach dem Publikum richtet, verliert man jedoch seine künstlerische Identität. Es gibt nichts, was objektiv betrachtet als lustig gilt. Man präsentiert immer, was man selbst lustig findet. So entwickelt sich mit der Zeit ein Stammpublikum, das eben diese Eigenheiten schätzt und ein Gespür für unseren Humor hat. Im Zirkus erwartet uns natürlich eher ein Mainstream-Publikum. Experimente werden wir also keine wagen. Aber auch diese Zuschauer sind nicht zu unterschätzen und von Stadt zu Stadt ganz verschieden. Das macht die Auftritte umso spannender für uns.

2017