Viktor Giacobbo

, 1. Oktober 2016, von David Vonplon

Filzvorwürfe an Viktor Giacobbo: «Ich wäre der dümmste Mafiaboss»

Künstlervermittler, Theaterchef und TV-Satiriker: An Viktor Giacobbo führt in der Kleinkunstszene kein Weg vorbei. Das schafft Missgunst: Marco Rima spricht von einem Klüngel, der auf andere Humoristen hinunterscheisst. Für Giacobbo absurde Vorwürfe.

Herr Giacobbo, Marco Rima findet, Sie würden gewisse Kabarettisten protegieren, andere wie ihn oder das Komiker-Duo Divertimento dagegen ignorierten Sie.

Marco Rima hat mittlerweile seine Aussagen zurückgezogen und wir haben uns freundschaftlich ausgesprochen. Jemand hat ihm gegenüber behauptet, ich hätte gesagt, nachdem wir alle Schweizer Topkomiker in der Sendung gehabt hätten, müssten wir auf deutsche ausweichen. Doch ich habe so etwas Idiotisches nie gesagt.

Er sagte auch, Sie stünden für einen «Klüngel, der sich gegenüber allen anderen Humoristen abschottet und auf die hinunterscheisst, die näher bei den Leuten sind». Wie weit reicht das Machtnetz von Viktor Giacobbo?

Dieser «Klüngel»-Vorwurf kommt alle Jahre wieder, seit es das Casinotheater gibt. Einmal im «Facts», einmal «die Weltwoche» und jetzt kommen Sie damit. Nur: keiner konnte diesen absurden Vorwurf erhärten. Ich wäre der dümmste Mafiaboss, weil ich stets nur zahle und nichts daran verdiene. Beim Casinotheater muss ich noch 50 Jahre Verwaltungsratspräsident bleiben, bis ich zurückerhalte, was ich dort reingesteckt habe.

Trotzdem haben Sie doch ein Interesse daran, die Künstler, die im Casinotheater Winterthur auftreten, möglichst gut in Ihrer Sendung zu promoten.

Im Casinotheater bin ich nicht Programmdirektor. Dort läuft vieles, das nie in unsere Sendung passen würde. Haben Sie wirklich das Gefühl, wir wählen die Künstler aus, weil wir denken: «Ou, damit verkaufen wir mehr im Casinotheater?» Trauen Sie mir das in allem Ernst zu? Die Redaktion würde sich das doch nie bieten lassen. Das Casinotheater ist nun mal ein Ort, wo viele Komiker spielen. Es gab bei der Planung unserer Sendung auch die Idee, sie statt im Kaufleuten im Casino zu produzieren. Dagegen habe ich mich vehement gewehrt, gerade um mögliche Konflikte zu vermeiden,

Sie haben soeben Ihren Einflussbereich ausgeweitet und sind nun auch VR-Präsident von Moonsticker.com, einem Onlineportal, das Künstler vermittelt.

Dort habe ich meinen Zahlungsbereich erweitert! Für Moonsticker.com habe ich erst einmal Geld locker machen müssen. Einfach weil ich die Idee gut finde und das Projekt eben gerade nicht mafiös ist. Sondern im puren Gegenteil, weil es alle Mafia-Strukturen, die es geben könnte, unterläuft. Denn alle Künstler haben auf dieser Plattform freien Zugang – das ist ja gerade die Grundidee.

Sie sehen also keinen Konflikt zwischen Ihrer Rolle beim Fernsehen und jener als Künstlervermittler?

Nein, denn ich bin kein Künstlervermittler. Bei Moonsticker besitze ich eine Aktie und habe meinen Namen für den VR hergegeben und übrigens noch an keiner einzigen Sitzung teilgenommen. Moonsticker ist doch – genau wie das Casinotheater – eben gerade nicht dafür da, um Leute zu verhindern, sondern um sie zu fördern.

Was in Ihrer Sendung auffällt: Kabarettisten, die Ihnen nahe stehen – Ursus & Nadeschkin, Andreas Thiel und Lorenz Kaiser – erhalten immer wieder Auftritte in «Giacobbo/Müller». Andere finden bei Ihnen nicht statt. Weshalb?

Wieso nennen Sie nicht die Künstler, die wir entdeckt und gefördert haben? Fabian Unteregger, David Bröckelmann, Michael Elsener und zahlreiche junge Autoren. Natürlich wollen viele Künstler zu uns in die Sendung, aber wir wählen diese halt aus, so wie das jede andere Redaktion auch tut.

In Ihrer vorletzten Sendung erhielten Ursus & Nadeschkin fünf Minuten Zeit, ihr neues Programm mit dem Symphonieorchester Camerata vorstellen. Lustig war’s nicht besonders, aber ein gelungener Werbespot für die beiden.

Gemäss Ihrer These hätte ich die ja verhindern müssen, weil sie mit dieser Produktion nicht im Casinotheater spielen… Dass Ursus & Nadeschkin bei uns aufgetreten sind, hatte einen einzigen Grund: Wir fanden die Idee toll, dass ein komplettes Symphonieorchester auf unserer kleinen Bühne auftritt. Im Übrigen brauchen die beiden keine Werbung. Wo sie auftreten, ist das Haus ohnehin immer voll. Hinzu kommt: Die Zuschauern fanden den Auftritt durchaus lustig. Am Ende der Sendung ist die Einschaltquote noch einmal in die Höhe geschnellt.

Sie haben mittlerweile eine Machtstellung in der Komikerszene, so dass an Ihnen kaum ein Weg vorbeiführt. Jene Künstler, die Sie nicht gut finden, haben es schwer.

Bei wem habe ich denn schon einmal etwas verbaut? Im Casino kann doch fast jeder Anfänger spielen. Nennen Sie mir ein anderes Theater in der Schweiz, bei dem das möglich ist. Nennen Sie mir andere Namen von Komikern, die junge Künstler fördern. Oder Marco Rima, der findet, «wir scheissen auf andere hinunter, die näher bei den Leuten sind» – ihn versuchen wir seit Jahren ins Casinotheater zu bringen. Doch er kommt leider nicht, weil er in den grossen Hallen mehr Zuschauer reinbringt – offenbar, um näher bei den Leuten zu sein.

Aber in der Sendung wollen Sie ihn nicht?

Wir machen erst seit einem Jahr diese Sendung – auch Emil, Loriot, Julia Roberts und der Papst waren noch nicht bei uns. Und «Giaccobo/Müller» ist nicht ein Präsentationsforum für Kleinkunst, sondern eine Late-Night-Sendung, die sich nun mal stil- und inhaltsmässig an den beiden Protagonisten orientiert – genau so, wie das in jeder andern Late-Night-Sendung auf dieser Welt der Fall ist.


Nachbemerkung:
Weil diese Art von Fragen bzw. Spekulationen seit ca. 10 Jahren mit schöner Regelmässigkeit grund- und humorlos auftauchen, ohne je durch Fakten erhärtet zu werden, habe ich das Interview hier quasi als Muster deponiert, damit es vom nächsten Medienschaffenden recherchefrei abgeschrieben werden kann. Trotzdem noch ein paar Fakten: Ich bin weder Programmverantwortlicher beim Casinotheater Winterthur noch beim Schweizer Fernsehen. Ich bin nicht Verwaltungsratspräsident von Moonsticker. Ich bin kein Künstlervermittler und betreibe keine Agentur. In der Sendung „Giacobbo / Müller“ werden auch in Zukunft Künstler auftreten, die von Mike Müller, der Redaktion und mir ausgewählt werden – skandalöserweise einige sogar mehrmals.
V.G. (Godfather)

2017