Viktor Giacobbo

Deine neue Sendung („Giacobbo / Müller“, heute wieder 22.10, SF1) ist nicht so schlecht, wie die Kritiker sagen. Aber du musst sie verstehen: Die können dich nicht an Mega-Flops messen wie «Black & Blond» oder am Frankenstein der helvetischen Late Night Show, wie hiess er noch, der mit dem breiten Kinn? Die müssen einfach die höchste Latte anlegen.

Und das ist nun mal «Viktors Spätprogramm». Selber schuld. Lang ists her, fünf Jahre, aber noch so präsent, dass wir alle hofften, die Debbie Mötteli oder WAM als Blocher würden auftreten – und dann spazierte nur der Otto Ineinchen herein und wurde seinem Ruf gerecht: Schadenposten. Aber so sind Politiker, nicht fernsehtauglich, oder genau dann nicht verfügbar, wenn sie am unterhaltsamsten wären: eine Link-Verbindung zum Spitalbett der Zürcher Sozialvorsteherin zum Beispiel oder ein Einspieler über Silvia Blocher in kurzen Hosen bei den Wanderferien in Chile. Das wärs gewesen!

Schlecht waren ja nur die Gäste, dieser Thiel aus Bern ist ein Schreiber, kein Redner. Und der junge Telefönler etwas für MTW. Dein Duo mit Mike Müller aber: einsame Spitze. Weiter so. Dazu der coole Gitarrist (tamtedilam) plus ein Imitator von der Klasse dieses Fabian Unteregger mit seiner Mörgeli-Imitation (genial). Das genügt. Wenn schon Gäste, dann todernste, solche, die zur Landeshymne Achtungsstellung annehmen.

Übrigens: Nimm es als Kompliment, wenn die «Weltwoche» schreibt, du seist ein «Untergeher», der seinen Stuhl dem Nachwuchs abtreten sollte. Reine Alterserscheinung, solche Kritik: Es kommt ein Übervaterproblem auf dich zu. Da nützt auch Haarfärben nichts.

Apropos: Ich möchte keinen Prozess, aber dieses Rötlich-braun passt nicht zu deiner schütteren Haarpracht. Oder liegt es an meiner Sonnenbrille, färbst du gar nicht? Nein, du bist kein Unter-geher, eher der feste Kiel des Schweizer Komikdampfers. Und wer hat denn mehr für Nachwuchsförderung getan als du?

Wunderbar übrigens, wie dir die SVP zur Seite steht. Sie erwägt eine Klage! Das grenzt ja fast an ille-gales Sponsoring! «Solchen Schrott könnte sich ein Privatsender nie leisten», tönen die. Wohl noch nie Privatfernsehen empfangen, diese Zottel. Also dann: toi,toi, toi. Mit freundlichen Grüssen, Peter Rothenbühler

Peter Rothenbühler ist Chefredaktor von «Le Matin»

Lieber Viktor Giacobbo

3. Februar 2008, SonntagsZeitung, von Peter Rothenbühler

Deine neue Sendung („Giacobbo / Müller“, heute wieder 22.10, SF1) ist nicht so schlecht, wie die Kritiker sagen. Aber du […]

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Ihr könnt doch nicht einfach aufhören. Jetzt, wo ich fast herausgefunden habe, in welchem Rhythmus ihr beiden für den «Tages-Anzeiger» schreibt. Es war jedenfalls nicht so streng, dass ihr euch wegen Überlastung ausklinken müsst. Ihr müsst wissen, dass ich jede eurer Kolumnen aufgesogen habe wie Honig. Und blöd vor mich hingelacht habe im Café. Vor einem Text, in einer Schweizer Zeitung! Jedes Mal ein Ereignis. Wann liest man heute schon etwas Lustiges in der Zeitung – ausser am Sonntag? Die meisten Kolumnisten meinen es ja todernst, wollen alle nur die Anständigkeit in der Politik, den Proporz oder die EU retten. Ihr habt einfach auf alles geschossen, was sich bewegt. Wunderbar.

Warum hört ihr auf? Ihr schiebt andere Verpflichtun- gen vor. Eure Bühnen- und TV-Projekte gehen mich als Zeitungsleser doch gar nichts an. Wollt ihr mich ins Theater zwingen? Oder zum TV-Gucker machen? Hat euch wenigstens Peter Hartmeier ein höheres Honorar verweigert? Das wäre für mich die einzig akzeptable Rechtfertigung für Fahnenflucht. Oder seid ihr einfach zu faul? Am traurigsten finde ich, dass die Leser nicht massenhaft protestieren.Vermutlich hat wieder mal kein Schwein erkannt, was sich da abspielt: nichts weniger als eine freiwillige Niederlage der Print-Satire gegenüber den elektronischen Medien. Zwei der genialsten Schreiber schützen Arbeit fürs Fernsehen und die Bühne vor, um sich aus der Zeitung zu verabschieden. Das bedeutet doch letztlich, dass man immer noch denkt, dass Unterhaltung in der Zeitung nur eine Insel zu sein hat. Eine temporäre dazu. Und dass man alle Stars pensionieren sollte, sobald man sich an sie gewöhnt hat. Typisch Schweiz.

Auch eure fast bundesrätliche Art des Abschieds: koordinier- ter Rücktritt zu zweit. Als ob ihr zusammengehörtet. Und dieses Doppelinterview am Freitag! Peinlich: Zwei Satiriker philosophieren über Satire und was sie dürfen darf. Rückzug zweier Humoristen auf die Metaebene sozusagen. Aber vielleicht habt ihr ja einfach vor der Realität kapituliert. Die überholt ja geschriebene Satire fast täglich: Habt ihr schon gehört, wie teuer dieses Neujahr Hummer und Jahrgang-Champagner in St. Moritz sind? Und wer alles kommt, um ihn zu geniessen? Ich läse gerne, was euch dazu einfiele.Mit freundlichen Grüssen Peter Rothenbühler

Peter Rothenbühler ist Chefredaktor von «Le Matin»

Lieber Viktor Giacobbo, lieber Lorenz Keiser

30. Dezember 2007, SonntagsZeitung, von Peter Rothenbühler

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Ich habe zwei Anliegen. Ein persönliches und ein nationales. Erstens sollten Sie aufhören, so bescheiden zu tun, nie von sich zu reden. Alles rühmt das neue Programm, aber keiner sagt, dass hinter Fredi Hinz ein Fredy Knie steht. Dass einer, der Pferde und Clowns coachen kann, sowieso der Grösste ist. Wenn’s um die Fussball-Nati geht, redet schliesslich auch alles von Köbi Kuhn. Schon gut, dass Sie nicht so ticken wie all diese Theater-, Opern- und Filmregisseure, bei denen zuerst das Ego kommt und dann nochmals das Ego. Aber wer sich heute nicht selbst ins Gespräch bringt, wird nicht wahrgenommen. Zumal in einer Epoche, wo das Zähmen wilder Prinzessinnen den höheren Stellenwert hat als das Integrieren eines Winterthurer Ex-Kiffers in die Truppe der «Mitarbeiter, die immer dann auftreten, wenn es in der Manege dunkel wird».

Damit komme ich zu meinem zweiten Anliegen: Sie dürfen uns Welschen den Viktor Giacobbo alias Fredi Hinz nicht vorenthalten! Nichts gegen das Duo Les douaniers, das ihn in den welschen Spielorten ablösen wird. Aber ich mache jede Wette, dass Fredi Hinz, selbst mit fehlerhaftem Französisch, in Lausanne und Genf noch mehr Erfolg haben wird als in Zürich oder Bern. Gerade weil hier keiner das Déjà-vu-Erlebnis hat. Gerade weil das Publikum hier nicht so blasiert reagiert wie die NZZ am Sonntag, die schreibt: «Dass sein Gastspiel scheitert, scheint ausgeschlossen.» Ist das die uncoole Umschreibung von «sicherem Erfolg»? Sooo schnöd. Ich sage Ihnen: Der geniale Giacobbo wird hier am Genfersee einfahren wie ein Meteorit, wird ankommen wie einst Emil, der auch dank Knie zur nationalen Figur geworden ist. Ich sass an der Premiere hinter einer Gruppe von Welschen, die Giacobbo noch nie gesehen haben: Die sind ausgeflippt!

Machen Sie wenigstens je drei Vorstellungen mit ihm in Genf und Lausanne. Wenn Sie’s nicht tun, übernehmen Sie eine schwere Verantwortung. Stellen Sie sich mal vor: Die Nationalbank kommt irgendwann auf die Idee, neue Banknoten mit dem Konterfei von vier grossen Schweizer Komikern zu schmücken. Grock, Emil und Dimitri sind gesetzt, und bei Giacobbo fragen dann die Vertreter der welschen Kantone: «Qui est ce Giacobbo?» Und Sie sind schuld an dieser Ignoranz. Unmöglich, gell. Also: Sie wissen, was zu tun ist.

Mit herzlichen Grüssen

Peter Rothenbühler

Lieber Fredy Knie

30. März 2006, Weltwoche, von Peter Rothenbühler

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2017